RX oder nix?
Dies ist bereits unser zweiter Blogbeitrag zu diesem Thema, was verdeutlicht wie sehr die CrossFit Welt auf den Status RX schaut. Wer nicht genau weiß, was die Begriffe Rx oder Scaled bedeuten, kann dies hier in einem Blogbeitrag aus 2018 nochmal nachlesen.
In diesem Blogpost soll es vielmehr um die Frage gehen, ob RX das Ziel für jedes Workout sein muss und welche Parameter das Four Horsemen Training bestimmen und wie man als Athlet jedes Workout maximal nutzen kann.
Eine kurze Erinnerung:
Die RX-Variante sollte ein Ziel eines jeden Athleten sein.
Nicht DAS Ziel aber EIN Ziel.
Ein Mantra für Trainer ist „Program for the best, scale for the rest”.
Dieser Satz folgt gleich mehreren logischen Schlüssen, die aus trainingswissenschaftlicher Sicht unbedingt notwenig sind:
- RX richtet sich immer nach dem BESTMÖGLICHEN Maß innerhalb der Box. Wir programmieren nicht für Mat Fraser, sondern für die athletischen Top 3 % unserer Box.
- Der Reiz muss hoch bleiben. Würden wir permanent „unterschwellig“ trainieren und vor allem von vornherein die Workouts nach den „untersten 3 %“ schreiben, würde das den Fortschritt massiv hemmen.
- Challenge makes you sexy! Es macht einfach viel mehr Spaß, sich „nach oben zu strecken“ anstatt ständig die RX Gewichte und Übungen zu dominieren.
Das ist auch gesünder für das Ego!
Die größte Diskussion entsteht meistens in der Hinsicht, dass Athleten sich sportlich beschnitten fühlen, wenn sie ein Workout skalieren müssen. In 99 % aller Fälle ist das ein gigantisches Ego-Problem. Solltet ihr euch hier bereits ertappt fühlen, bleibt trotzdem dran.
Auf einer Skala von 1-10 ist in solchen Situationen alles zu finden. Von „wenn ich das nicht RX mache, bin ich kein richtiger Mensch mehr“ bis zu „Schade, ich dachte ich bin schon soweit“ ist alles möglich. Der Anspruch des Athleten, jedes Workout as prescribed durchzuballern, entsteht meistens im Zusammenhang des eigenen Selbstbildes, welches durch Social Media und den Profisport CrossFit oft unter Druck gerät. Überall sieht man RX-Athleten, ständig bekommt man absurde Gewichte gezeigt und ist unter ständigem Einfluss der Top 1 % der Leistungselite.
Psychologisch kann es unglaublich befreiend sein, die RX-Vorgabe zwar als Ziel zu wählen aber dafür die „Reise“ dorthin einfach unterhaltsam zu gestalten.
Wer beispielsweise ständig zu weit über seinem Leistungsvermögen trainiert, riskiert nicht nur Verletzungen, sondern schleift über kurz oder lang eine ineffiziente Technik ein. Der pragmatischste Ansatz ist also – wie so oft – auf seinen Coach zu hören und scaled nicht als Strafe oder Herabsetzung der eigenen Sportlichkeit zu sehen, sondern als Wegpunkt auf einer Reise Richtung RX.
Hilfreich ist, wenn der eigene Anspruch prozessorientiert gestaltet wird. Sobald man sich seine aktuelle Position als Weg vorstellt, fällt die Motivation deutlich leichter. Weiterhin ist der sogenannte Stimulus, also der geplante Reiz wichtig.
Wenn ein Workout beispielsweise mit 24 kg Kettlebell Swings am Whiteboard steht und die Zielvorgabe 5 Runden sind, sollte das Gewicht so gewählt werden, dass der Athlet weder 10 Runden (mit 12 kg) schafft, noch dass er nur 2 Runden schafft, weil er unbedingt mal die 32 kg Kettlebell zum Trainingsvergnügen ausführen möchte.
Wir als Trainer planen jedes Workout nach einer bestimmten Belastung oder nach einem Energiesystem.
Somit ergibt sich für jedes Workout, jeden Kraftteil und jedes Warm-up ein Reiz, der schlussendlich dafür sorgt, dass unsere Athleten stärker, schneller und technisch besser werden.
Es macht also wenig Sinn, diese Reizsetzung zu ignorieren nur um hinter seinem Score am Whiteboard das Kürzel „RX“ zu lesen.
Wer mit diesen Gedanken im Hinterkopf smart trainiert, kann so mehr aus seinem Training herausholen und langfristig die größeren Erfolge für sich verbuchen.
Also merke, wer schneller zu RX möchte, muss unter Umständen öfter SCALE wählen.
Deal?